SC Erdmannhausen 1 gegen SF 59 Kornwestheim 2 - 2,5:5,5

Erfahrungsbericht von Dieter Bauer

11. November 2019
von Dieter Bauer

Am Sonntag, den 10.11.2019 wurde im Rathaus in Erdmannhausen ausnahmsweise nicht verwaltet, sondern Schach gespielt. Es ist nicht bekannt, ob es in der Gemeindeverwaltung in letzter Zeit zu (Personal-)Rochaden kam, bei uns aber schon. So kam der turniergestählte Verfasser dieser Zeilen zu seinem ersten Einsatz, um den Ausfall von Wendy möglichst zu kompensieren.

Die Kiebitze rieben sich mindestens 2 x verwundert die Augen: Dies war nach 12 Uhr, als klar wurde, dass die Gäste die Punkte bereits zu einem relativ frühen Partiestadium entführen. Und weiterhin gegen 9.30 Uhr, als die Schachuhr an Brett 8 bei Schwarz weiterhin anzeigte, über mehr Bedenkzeit als zu Anfang zu verfügen! Der ein oder andere skeptische Blick (ob vielleicht die Uhr einen technischen Defekt aufweist) war jedoch unbegründet. In diversen Turnierarenen sowie in der häuslichen Analyseküche hatte ich die ungewöhnliche Eröffnungsstellung schon gefühlte 150 x auf dem Brett, während mein unvorbereiteter Gegner völlig im Nebel stocherte und dementsprechend unfassbar viel von seiner Bedenkzeit verbraten musste. Das Ganze hatte noch etwas Gutes: ich konnte mir den ein oder anderen Rundgang erlauben, um das Geschehen bei meinen Vereinskollegen zu verfolgen.

An Brett 5 (Passaro gegen Riedel) dachte ich mir beim Vorbeilaufen “wenn jemand (Passaro) die anrüchige skandinawische Verteidigung” spielen möchte, sollte man ihn auf keinen Fall daran hindern! Thomas hatte nachvollziehbar kein Interesse an einer theoretischen Diskussion und spielte daher ruhige und somit solide Züge. Auch wenn es erst im 11. Zug mittels Ld2 zur üblichen Belästigung der feindlichen Dame kam, wurde diese nirgends heimisch und musste wie eine Aussätzige von einem schlechten Feld auf das nächste. Es kam, wie es kommen “musste”. Zermürbt von den zahlreichen Damenzügen verlor der Gastgeber die Nerven und übersah einen Einschlag auf e6 mit Bauerngewinn. An Brett 1 wählte Thomas Bantel das stocksolide Botvinnik-Dreieck (Bauern auf c3, d4 und e3 mit Läufer auf f4 außerhalb der Bauernkette). Dies war aber nur die Ruhe vor dem Sturm, denn mit späterem 13. e5! und 15. e6! (in “mein System” von Nimzowitsch -der Pflichtlektüre für jeden ambitionierten Schachspieler- der “Nachtangriff” genannt) konnte er die feindlichen Barrikaden niederreißen. Da ist es mir auch völlig schnuppe, dass “Houdini” als “höchste Instanz” Wasser in den Wein gießen will, indem er 17. fxg (anstatt hxg) spielen will; als Mensch schlägt man im Zweifel immer Richtung Zentrum!

Johann lehnte an Brett 3 eine Einladung zur Aljechin-Eröffnung ab, da er nicht in die gegnerische Vorbereitung laufen wollte. Damit musste er die sicheren Pfade der Hauptvariante jedoch zwangsweise verlassen, was seinem Spiel nicht guttat. Auch an Brett 2 sah es anfänglich nicht nach rosigen Perspektiven aus, denn es wurde in der Eröffnung der nominell “gute Läufer” von Wolfgang getauscht. Mich hätte sehr interessiert, wie der verbliebene nominell “schlechte” Läufer sich in einer Art Metamorphose von einer Aschenputtel in eine Prinzessin verwandelt hat. Leider blieb mir diese Problemlösung (vor der man als Französischspieler oft steht “wie bekomme ich den Lc8 ins Spiel?”) verwehrt, da mein Gegner zwischenzeitlich versuchte, sich aus dem positionellen Würgegriff mittels eines fragwürdigen Opfers zu befreien. Einerseits musste er irgendwas unternehmen, bevor sich die Schlinge immer mehr zuzieht, andererseits bot das “Opfer” wohl nur unzureichende praktische Chancen.

Die Aufstellung: Bantel (1), Gaus (1), Fillips (0), Kumer (0), Riedel (1), Winkler (1), Götze (1/2), Bauer (1).